Hermann beklagt die Treulosigkeit der ganzen Welt: "Treulosigkeit wohnt in der Nachbarschaft des Adels und der Städte… Nun seht, wie die Untreue so gut sichtbar übers Land auf uns zu schleicht." Aus der Bibel nennt Hermann Beispiele für Unminne: Sündenfall, Luzifers Sturz oder die Ermordung Abels.
Ein Anzeichen für die "verkehrte" Welt ist für Hermann auch die üble Nachrede. Bitter beklagt er sich über "treulose, üble Nachreder", die einer "unschuldigen Frau durch Klatsch ihr gesamtes Ansehen zerstören". Gemeint ist hier sicherlich Mechthild von der Pfalz, die spätere Erzherzogin. Schon zu Lebzeiten war ihr Lebenswandel Thema des Hofklatsches. Hermann nimmt sie in Schutz, nennt sie "vollkommene liebreizende Frau". Für sie hat er dieses Gedicht geschrieben: "Um einer vornehmen Dame zu dienen, habe ich dieses Lied gedichtet."
Der Ehrenerweis an die hochgestellte Frau bedeutet für Hermann auch eine Huldigung der adeligen Gesellschaft. Hermann spürt die gesellschaftlichen Veränderungen, der ritterschaftliche Adel verliert mehr und mehr an Bedeutung – Hermann sieht mit diesem Gesellschaftswandel die (eigene) Welt untergehen.
Entstanden ist das Gedicht nach 1444. Hermann war bereits um die 80 Jahre alt, als er es schrieb. Der Autor gibt sich als alter Mann zu erkennen, der schon bald dahingerafft werden könnte. Deshalb bittet er, man möge ein Pfund Wachskerzen für ihn abbrennen, zur Erlösung von seinen Sünden

Der goldene Tempel
Grabschrift
Die Grasmetze
Jesus der Arzt
Die Mörin
Das Schleiertüchlein
Der Spiegel
Die Unminne


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