Im Jesus der Arzt wird deutlich, dass sich Hermann mit der Universitätsbildung
seiner Zeit auskannte: Logik (oder Dialektik), Grammatik und Rhetorik, die er
als zur Ausbildung der Ärzte gehörig nennt, sind drei der Sieben Freien
Künste. Sie bilden die Sprachkünste oder das Trivium und wurden in
einer Art Grundstudium gelehrt. Die Astronomie, die Hermann ebenfalls erwähnt,
ist eine der mathematischen Künste (Quadrivium), zu denen noch Geometrie,
Arithmetik und Musik gehören. Hermann nennt den antiken Mediziner Claudius
Galenus (um 129 - 211) und verweist auf dessen medizinische Schriften. Auch
weiß er, dass die Universität Padua im hohen Mittelalter für
ihre medizinische Ausbildung berühmt war, dann aber die Chirurgie nach
Frankreich verlegt wurde. Nach Paris wolle Hermann jetzt allerdings nicht mehr
fahren, dafür sei er zu alt.
Dass sich Hermann von Sachsenheim in seiner Dichtung mit dem Tod auseinandersetzt,
steht nicht nur in Zusammenhang mit seinem hohen Alter. Der Tod war im Mittelalter
allgegenwärtig und gerade das 15. Jahrhundert ist von einer Auseinandersetzung
mit dem Todesgedanken geprägt. Die große Pestwelle von 1348 war zwar
vorüber, aber immer wieder flackerte die Seuche auf und erinnerte an das
große Sterben. In unmittelbarem Umfeld von Hermann starb beispielsweise
1450 Ludwig I. von Württemberg-Urach an der Pest.